und hier gehts zurück zum ersten teil der figuren-systematik.

fortsetzung (teil 2):

3. form
als gelegentlicher brettspieler könnte man leicht der auffassung sein, dass eigentlich alle spielfiguren gleich oder zumindest doch sehr ähnlich aussähen - dem ist aber keineswegs so! allein in Deutschland existieren schon eine fülle unterschiedlicher größen und formen, ganz zu schweigen von den (vermutlich) vielen exotischen figuren, die ich bis heute noch gar nie zu gesicht bekommen habe... um in der menge an formen noch einigermaßen den überblick zu behalten, habe ich (bisher) 12 verschieden kategorien oder form-klassen eingeführt. dabei scheint es mir sinnvoll zunächst mal die drei am häufigsten auftretenden figur-formen zu betrachten: die als standard A, B und C bezeichneten formen machen nach meiner einschätzung zusammen wohl allein 90% aller verwendeten halmafiguren aus!
also wer bis hierher gelesen hat, dem brauche ich wohl nicht zu erklären, wie eine halmafigur "so im allgemeinen" aussieht. die standardform gibt es jedenfalls in drei unterscheidbaren varianten: mit konvex, geradlinig oder konkav abfallenden flanken (in der seitenansicht, der silhouette). deutlicher als diese worte machen vielleicht die nachfolgenden fotos, was damit gemeint ist:
holz standard A/B/C
die 3 standard-formen in holz
plastik standard A/B/C
die 3 standard-formen in plastik
elastik standard A/C
zwei standard-formen in elastik
zu sehen sind jeweils die form-klassen standard A, B und C von links nach rechts, wobei allerdings die variante B bei elastik fehlt (ist mir eben bisher noch nicht begegnet). wegen der großen verbreitung dieser figuren dürften diese abbildungen also den meisten lesern wohlvertraut sein. es lässt sich feststellen, dass die varianten B und C meist mit einem mehr oder weniger deutlich ausgeprägten fußfalz versehen sind, welcher so bei A in der regel nicht auftritt.
verschiedene standard A/B/C oben abgebildet sind lauter standardfiguren mit einer größe um die 24 mm, aber es scheint mir dazu erwähnenswert, dass die form holz C gewöhnlich in der etwas größeren 27 mm - variante auftritt, während holz B höchstens noch in alten spielesammlungen zu finden ist. dafür ist plastik B die wohl am weitesten verbreitete kunststoff-form. plastik C wiederum stammt noch aus der DDR-produktion und wird wohl heute so nicht mehr produziert. und elastik C ist eine vergleichsweise sehr seltene variante.
und rechts noch mal eine abbildung, wo die drei standardformen in verschiedenen größen jeweils nach A, B und C gruppiert sind.

neben diesen standardformen gibt es also insgesamt noch 10 sonderformen, die ich nun im einzelnen vorstellen will:
lophos 27 und 24 mm groß lophos um 20 mm groß da gibt es zunächst mal jene figuren, die bisweilen von standard A nur schwer zu unterscheiden sind, sich aber durch einen "gedrungenen körperbau" auszeichnen. sie wirken dadurch etwas dicklich (obwohl sie in der tat nicht breiter sind als die entsprechenden standardformen) oder "stiernackig", und so habe ich sie auch nach dem griechischen wort für "nacken" lophos benannt. jedenfalls finde ich die figuren dieser form doch so markant und auch noch relativ stark verbreitet, dass sie eine eigene klasse bekamen.
daneben existiert übrigens noch eine etwas schmächtiger wirkende form, die ich eine zeit lang auch separiert und leptos (griech. dünn) genannt hatte. diese form liegt aber so nah bei standard A, dass sie in vielen einzelfällen nicht mehr zweifelsfrei identifiziert werden konnte. deshalb habe ich diese form-klasse wieder aufgegeben, so dass sie nun lediglich als eine der zahlreichen unterformen von standard A beachtung findet.

petas 31, 28 und 21 mm groß diese figuren könnten wohl auch zur standard-klasse (die beiden links zu zylinder) gehören, sie zeichnen sich aber allesamt dadurch aus, dass sie einen hut (lat. petasus) tragen. so habe ich sie in einer eigenen kategorie zusammengefasst mit der (verkürzten) bezeichnung petas. bei den beiden kreationen ganz rechts habe ich allerdings zugegebenermaßen selbst etwas nachgeholfen...

kegel 23 und 19 mm groß die nächste form ist wohl mit standard B "verwandt", jedenfalls handelt es sich dabei auch um kegelförmige figuren. nur ist hier der kopf sehr schwach ausgeprägt oder gleich gar nicht vorhanden, und folgerichtig nenne ich diese form kegel. die figuren links auf der abbildung stammen wiederum aus DDR-produktion und waren zuweilen offenbar durchaus stark verbreitet. die beiden "störtebecker"-figuren rechts wirken tatsächlich etwas kopflos und sind dagegen einzelexemplare.

zylinder 30 bis 17 mm groß auf diesem bild sind figuren aus holz (die ersten drei links) und plastik zu sehen. sie alle weisen als gemeinsames merkmal auf, dass ihre flanken mehr oder weniger senkrecht abfallen und sie somit - abgesehen vom kopf natürlich - zylinderförmig sind; daher auch die naheliegende bezeichnung zylinder für diese form-klasse. auffällig ist ferner, dass den drei figuren rechts auch der kopf fehlt, wobei vor allem für die kreatur ganz rechts die "zulassung" als halmafigur umstritten ist... die figuren nr. 4 bis 6 (von links gezählt) sind wiederum DDR-produkte, wobei ich fürchte, dass sie heute ebenfalls nicht mehr hergestellt werden. für die beiden "riesen" nr. 7 und 8 habe ich neulich erst einen hersteller in England entdeckt.

obelisk 31, 27 bzw. 30 mm groß
obelisk 29, 24 bzw. 26 mm groß
die beiden figuren am linken bildrand waren die namensgebenden für die form-klasse obelisk, wohingegen die anderen auf den ersten blick vielleicht nur wenig gemein haben mögen mit einem obelisken. noch weiter entfernt von dieser form scheinen die figuren auf der darunterliegenden abbildung zu sein, weshalb ich jenen zunächst eine eigene kategorie zugestehen wollte. doch letztlich habe ich mich dazu entschlossen, alle diese figuren zusammenzufassen, denn wenn ich nicht grundsätzlich für fast jede figur eine eigene form-klasse definieren will, so muss ich halt zwangsläufig auch leicht bis mittel unterschiedliche seitenansichten zusammenlegen.
als gemeinsames merkmal bei den figuren auf dem oberen bild lässt sich eine garnrollenartige (konkav erscheinende) vertiefung in der silhouette konstatieren. die 6 figuren rechts würden ohne diese vertiefung wohl zu zylinder gehören, und sie sind übrigens mit 27 mm alle gleich groß (wenn man mal vom "preußen-pickel" der beiden metallfiguren absieht).
die figuren auf dem unteren bild haben ebenfalls eine - zum teil sogar noch deutlicher - konkave silhouette, was in meinen augen eben ein zusammenfassen aller formen auf diesen beiden fotos rechtfertigt. im übrigen sei noch hinzugefügt, dass drei der unteren figuren (also nicht die exemplare rot und blau) unikate sind.

mono 25, um 22 und 19 mm groß eine mehr oder weniger deutlich ausgeprägte fußplattform sowie einen vergleichsweise schlanken rumpf zeichnet diese figurengruppe aus. die bezeichnung dieser form-klasse mono leitet sich ab von jenen figuren ganz links auf dem bild, welche aus so manchem "Monopoly"-spiel bekannt sein dürften. die beiden figuren weiß und schwarz hingegen dürften schachfiguren (türme) sein, so dass deren "zulassung" als halmafigur natürlich umstritten ist. außerdem ist bei ihnen das verhältnis rumpfdicke zu fußdurchmesser deutlich größer als bei den anderen figuren auf dem bild, so dass sie zur not wohl auch bei zylinder hätten eingeordnet werden können.

amphora 27 bis 24 mm groß in einigen sehr alten spielen sind mir diese etwas "dickbäuchig" anmutenden figuren begegnet, die auf den ersten blick recht ulkig aussehen. die beiden ganz links haben ja noch eine entfernte ähnlichkeit mit standard-figuren, die anderen kommen aber doch recht "dünnhalsig" daher. und allen gemeinsam ist der diskrete "geizkragen" unterhalb des kopfes... da diese form ein wenig aussieht wie eine kleine karaffe oder etwa eine designer-blumenvase habe ich sie schließlich amphora (griech. für vase) genannt.

antik 30,5 bis 18 mm groß beispiele für eine weitere form-klasse sind diese figuren, die ebenfalls hauptsächlich in sehr alten spielen vorkommen. sie muten überwiegend an wie schachfiguren, und es mögen auch einige bauern darunter sein, aber viele davon stammen tatsächlich aus anderen spielen! die figuren weisen teilweise merkmale sowohl der klasse mono (die fußplattform) als auch von amphora (den kragen) auf, bilden aber aufgrund ihres deutlich eigenständigen erscheinungsbildes doch eine separate form-klasse. (allerdings hat sich die blaue figur auf dem foto augenscheinlich verirrt, denn mit ihrem deutlich erkennbaren "bäuchlein" gehört sie zweifellos zur klasse amphora!) entfernt erinnern einige von ihnen an antike tempelsäulen, deshalb - und wohl auch weil sie eben vorwiegend in antiquierten brettspielen vorkommen - scheint der name antik für diese form einigermaßen passend zu sein.

amorph 26 und 23 mm groß zum schluss kommen wir zur form-klasse amorph, von der man nun annehmen könnte, dass sie figuren aufnimmt, die in keiner der anderen klassen untergekommen ist. so ist dies allerdings nicht gemeint, denn grundsätzlich konnte ich bislang jede "reguläre" figur in eine der 11 oben aufgeführten einordnen. daneben aber gibt es eben auch einige "irreguläre" figuren, die mehr oder weniger unförmig sind (und nichts anderes bedeutet ja amorph). dazu gehören vor allem die handgefertigten fimo-figuren (die beiden links auf dem bild) sowie meine keramik-figur Toni (zweiter von rechts) oder einige der glas-figuren (ganz rechts). mit etwas phantasie könnte man manche von ihnen wohl auch einer anderen form-klasse zuordnen (z.b. zu lophos), aber dies erscheint mir dann doch zu willkürlich. somit bleibt amorph also eine eigenständige "form".

dies also sind die derzeit gültigen 12 form-klassen, wobei sich natürlich über die abgrenzung der einzelnen klassen durchaus streiten lässt. um eine neue klasse zu begründen muss es nicht nur figuren geben mit einer signifikant unterschiedlichen form im vergleich zu den bereits existierenden klassen, sondern deren anzahl sollte eben auch hinreichend groß sein. was in diesem fall nun wieder "hinreichend" bedeuten soll bleibt zwangsläufig dem geschmack des einzelnen sammlers anheim gestellt. wenn nun in einem käuflich zu erwerbenden spiel etwa eine solch neue form auftaucht, so kann man natürlich getrost davon ausgehen, dass diese letztere forderung erfüllt ist, denn in den einschlägigen spielwarengeschäften dürften heutzutage ja keine handgefertigten einzelstücke mehr stehen...
produktionstechnische gründe scheinen im übrigen ausschließlich figuren mit kreisrundem querschnitt zu erlauben, obwohl ich mir durchaus auch noch ganz andere formen vorstellen könnte. dabei würde ich elliptische (ovale), parabolische oder hyperbolische (also "kegelschnitte" im ursprünglichsten sinne des wortes!) oder gar asymetrische querschnitte sicherlich nicht so "schön" finden, aber quader- bzw. prismenförmige figuren mit dreieckigem oder viereckigem (quadratischem) querschnitt stelle ich mir "attraktiv" vor, wobei der kopf für mein empfinden aber immer rund bleiben sollte. natürlich würde ich auch ein regelmäßiges fünf- oder sechseck als querschnitt einer figur akzeptieren, aber mit weiter ansteigender eckenzahl beginnt dann eben allmählich der unterschied zu den handelsüblichen runden formen zu verwischen. mit diesen vorstellungen dürften womöglich die grenzen einer massenfertigungstechnik erreicht sein, nicht jedoch jene der kreativen phantasie...

hier gehts zum dritten und letzten teil der figuren-systematik.